Der weibliche Zyklus

Notwendiges Übel oder Ursprung allen Lebens? Ein Plädoyer für die Hinwendung zur Weiblichkeit - zyklisch und wunderschön!

Inspiriert durch eine Diskussion, die kürzlich in einer meiner Gruppen geführt wurde, in der es um Giftstoffe in Tampons und die Notwendigkeit nachhaltiger aber vor allem auch gesunder Monatshygiene ging, entstand in meinem Kopf dieses Bild. Ich habe mir die letzten Nächte um die Ohren geschlagen, damit meine Gedanken dieses Modell vom weiblichen Zyklus haben formen können. Getrieben von einer Frage:

 

Warum nur ist der weibliche Zyklus so „schwierig“, so tabuisiert, so ignoriert – wobei es doch eigentlich so etwas Normales, ja eigentlich sogar Schönes und ein wichtiger Teil unserer fruchtbaren Natur und damit Ursprung unser aller Lebens ist?

 

 

Schaut man auf indigene Völker, ist Menstruation etwas völlig Unaufregendes – natürlich, angenommen, integriet - ja zum Teil ist es etwas Verehrungswürdiges. Frauen im Wandel ihres Zyklus gelten als gesund, fruchtbar und sind für den Fortbestand des Volkes im positiven verantwortlich. Viele antike Gottheiten werden für ihre Fruchtbarkeit verehrt. In jeder Kultur gibt es eine Sage, in der die Demonstration der Weiblichkeit die Rettung der gesamten Menschheit bedeutete. Frausein war immer etwas Gutes.

 

Möchte man nun verstehen woher die fortgeschrittene Tabuisierung der weiblichen Natur in unserer Gesellschaft kommt, müssen wir historisch das Frauenbild vor allem vor dem religiösen Hintergrund betrachten. Zu Zeiten in denen ohne Aufklärung die Empfängnis von Babys etwas höchst Mysteriöses war und Männer das Blut der Frauen – und schon gar nicht die dazugehörigen Hormone und Stimmungslagen – verstanden, wurde das „Unkontrollierbare“ gefürchtet. Über den Sündenfall wurde die Frau als unrein betituliert und galt bis vor noch gar nicht so langer Zeit als minderes Wesen. Noch heute wurde mir berichtet, wie in manchen Diözesen Frauen im Wochenfluss von der Taufe ihrer eigenen Kinder ausgeschlossen werden. Natürlich nie offiziell, aber das Blut der Frau, die gerade eben dem zu taufenden Kind das Leben geschenkt hat, wird so abgelehnt, dass die bloße Anwesenheit zur Schande würde? Eine Mutter ist nun nicht mehr als eine unreine Hülle einer gesunden Frucht? Völlig absurd!

 

Aber auch junge Mädchen wachsen mit dem Bild auf, dass ihr Zyklus etwas ist, wofür sie sich schämen müssten. Nach all den Jahren klingt in meinem Kopf immer noch die säuselnde Stimme aus der 90er Jahre OB Werbung nach: „…nimmt die Regel da auf, wo sie passiert! Sauber und diskret“ und dabei legt sich eine Frau den Tampon in die Hand. In die HAND!!!! Wie weit weg von dem, was da eigentlich wirklich passiert, kann Werbung für natürliche Menstruation denn noch sein? Es wurde uns beigebracht, dass man nichts sehen darf und keiner merken sollte, dass wir überhaupt einen Zyklus haben. Aber woher sollen Mädchen denn lernen, was da jeden Monat in ihnen passiert? Ein Tabu über das innerhalb der Familie oft ja nicht mal gesprochen wird, „peinlicher“ Sexualkundeunterricht kratzt nur an der Oberfläche und der erste Gang zum Frauenarzt suggeriert ja schon: das muss was Krankes sein, was da mit mir passiert. Also lieber verstecken, ignorieren und wenns doch einer merkt, sich schämen.

 

Sicher erleben nicht alle Mädchen den Übergang ins Frausein so, aber leider ist das doch oft die gleiche Geschichte, die mir erzählt wird, wenn ich Frauen nach ihrem eigenem Annehmen ihrer Weiblichkeit frage. Es ist ein gesellschaftliches Tabu!

Ist ein Mädchen (oder gerne auch noch erwachsenen Frauen) nicht gehörig, oder gar launisch, „hat sie ihre Tage“. So verbindet sich gesellschaftlich ganz subtil der zyklische Wandel einer Frau mit einem negativen Bild. Eine männliche Kontinuität wird zum Idealbild und der immer kehrende weibliche Wandel als Schwäche angesehen.

 

Aber habt ihr schon einmal einen Frühling ohne Winter erlebt? Folgt der Herbst nicht immer dem Sommer? Die Natur braucht sie, die leisen zurückgezogenen Momente im Winter um sich im Frühjahr wieder neu zu erfinden und voller Kraft und Kreativität aufzublühen und im Sommer die Früchte zu tragen, damit über den Herbst wieder Innenschau und Rückzug von vorne beginnen kann.

Keiner würde einem Baum vorwerfen, warum er die Blätter verliert und sich lieber ausschließlich mit dauerblühenden Kunststoffblumen umgeben. Die Folgen wenn wir den Zyklus einer Frau mit Hormonspritze und Co versuchen weg zu nivellieren sind fatal. Die Frau blutet dann vielleicht über ein paar Monate nicht, aber wenn doch eines Tages der Kinderwunsch kommt, dann hat der Baum ohne vorangegangenen Winter große Probleme Blüten zu tragen und das Empfangen der Frucht scheint ohne weitere künstliche Hilfe fast unmöglich. Ein natürlicher Zyklus ist Grundvoraussetzung allen Lebens!

 

Also lasst uns bei unserer inneren Blume anfangen und sie im Wandel des Mondes verstehen zu lernen, was Zyklus ist, warum ich manchmal bin, wie ich bin und sich die Kreativität, Schaffenskraft und Laune auch zyklisch ändert. Denn dann schließlich wird die Menstruation nicht mehr als schlimm angesehen, sondern als Teil unserer Natur.

 

Und dann können wir blühen!

Wunderschön und stark!

 

Ein gesunder Zugang zum eigenen Körper und die Kenntnisse über den Wandel dem wir unterliegen sind die Grundvoraussetzungen für eine natürliche Empfängnis, einer gesunden Schwangerschaft und einer selbstbestimmten Geburt – und legen damit letztlich den Grundstein wie wir den Übergang in unsere Mutterschaft erleben. Darum setzt meine Arbeit als Doula und Stillberaterin schon an, bevor die Kinder in den Bauch ihrer Mütter einziehen. Ich arbeite ganzheitlich mit Mädchen und Frauen in allen Lebensphasen, biete Aufklärungsunterricht an Schulen an, richte Informationsveranstaltungen über den weiblichen Zyklus aus, organisiere Frauenkreise und unterstütze Unternehmen mit natürlicher und nachhaltiger Monatshygiene in ihrer Öffentlichkeitsarbeit.

 

 

 

 

Beim Erstellen der oben gezeigten Graphik inspirierte mich Melanie Künhnleins wunderschön illustrierte Zyklusbegleiter und ich sage an dieser Stelle recht herzlichen Dank für die Erlaubnis zur Verwendung hier! http://melamint.bigcartel.com/